Heimat und Identität

Was bedeutet für mich Heimat? Was heißt für mich Jüdisch-Sein?

Heimat ist ein wichtiger Ort in der lebensgeschichtlichen Erzählung der ZeitzeugInnen. Heimat ist verknüpft mit dem Raum, in dem sie aufgewachsen sind, aber auch mit Gefühlen, die sie mit dieser Zeit in Verbindung bringen. Da spielen Beziehungen zu Menschen, die Sprache, ein bestimmter Dialekt, aber auch die Erinnerungen an den Geschmack von Speisen, an Gerüche, Häuser, Wohnungen und Straßen oder die landschaftliche Umgebung eine große Rolle.

Heimat bedeutet für sie auch Zugehörigkeit zu einer Gruppe, einer Region. Sie ist ein Bestandteil von Identität. Der Verlust der Heimat ging für sie einher mit dem Verlust des Vertrauten und führte zu Verunsicherung. Er ist eine Bruchlinie in ihrer Biographie. Einige Flüchtlinge haben diese Erfahrung so sehr erschüttert, dass sie als junge Erwachsene psychische Zusammenbrüche erlebten oder sogar Selbstmord verübten.

Viele ZeitzeugInnen, deren neue Heimat Israel ist, besitzen einen österreichischen Reisepass. Aufgrund eines Gesetzes aus dem Jahr 1992 können Menschen, denen in der Nazizeit die Pässe weggenommen wurden und die 1948 mit der Staatsgründung automatisch israelische StaatsbürgerInnen geworden sind, einen österreichischen Pass beantragen.

Heute fühlt sich die Mehrheit der Flüchtlinge von damals in England oder Israel beheimatet – wo sie die meiste Zeit ihres Lebens verbracht haben, wo ihre Familien und FreundInnen leben und wo die in Israel Lebenden auch am Aufbau des Landes mitgearbeitet haben.

Die meisten ZeitzeugInnen sind nicht religiös. Jüdisch-Sein hat für sie nichts mit der Ausübung von Religion, sondern mit ihrer Herkunft zu tun.